Montag, 11. September 2023

Gurdjieff befiehlt seiner Schülerin einen Hund zu stehlen


Gurdjieff hatte eine pedantisch genaue, strenge Frau, Miss Ethel Merston, während seiner Abwesenheit zu seiner Verwalterin ernannt. Auf einer Reise hielten er und Miss Merston an einem Gasthof, wo ein großer Hund Gurdjieff zu adoptieren schien und nicht von seiner Seite wich: Er und der Hund wurden sofort Freunde.

Beim nächsten Halt fragte Gurdjieff Miss Merston, ob sie etwas für ihn tun wolle. Allzu eifrig sagte sie ja. Sehr gut, sagte Gurdjieff zu ihr, dieser Hund in dem Gasthof sollte mir gehören. Also fahren Sie zurück, und stehlen Sie den Hund. 

Miss Merston war entsetzt. Wie Gurdjieff sehr wohl wußte, war dieser Diebstahl ihrem Wesen völlig zuwider. Aber er bestand darauf - es mußte getan werden! Sich jeden Zentimeter des Weges zwingend, kehrte sie allein zu dem Gasthaus zurück. Sie sah sofort den Hund herumlaufen und brachte ihn - unter inneren Qualen - dazu, ins Auto zu springen. Dann tauchte der Gastwirt auf. Sie war ertappt! Sie fing an, eine Erklärung zu stammeln, wie der Hund von selbst in das Auto gesprungen sei, aber der Gastwirt äußerte nur sein Erstaunen darüber, daß sie den Hund überhaupt dagelassen hätten - weil der Herr, der vorher bei ihr gewesen war, den Hund bereits gekauft hatte.

Gurdjieff hatte sie nie wirklich der Gefahr ausgesetzt, verhaftet zu werden, sondern er hatte sie, ziemlich harmlos, gezwungen, sich gegen ihre Programmierung zu wenden und sich ihren größten Ängsten zu stellen.

John Shirley - Gurdjieff. Leben und Werk

Keine Kommentare: