Gurdjieffs Verwandlung in einen Teppichverkäufer

Eines Tages ging ich zu seiner Wohnung, um mit ihm zu reden, als die Klingel läutete. Herr Gurdjieff sagte zu mir: "Das ist jemand, der einen Teppich kaufen will. Gehen sie ins Esszimmer und warten sie dort. Ich werde die Tür selbst öffnen." Die Tür zwischen Esszimmer und Wohnzimmer hatte ein Glasfenster, sodass ich alles beobachten konnte, was im Wohnzimmer vor sich ging. Herr Gurdjieff ging zur Tür, kam aber nicht sofort zurück. Stattdessen kam ein Fremder hinein und nach ihm ein Teppichverkäufer. Sie fingen an zu verhandeln. Ich war schockiert, als ich schließlich erkannte, dass dieser Teppichhändler Herr Gurdjieff selbst war, vollkommen verwandelt. Es machte mir Angst ihn so zu sehen.
Der Fremde kaufte zwei Teppiche und verliess die Wohnung. Als Herr Gurdjieff ins Esszimmer kam, war ich noch immer so schockiert, dass ich ihn nicht direkt anblicken konnte. "Was ist los mit Ihnen?" fragte er. "Ich kann sie nicht anschauen", erwiderte ich. "Wieso nicht?" "Ich hab sie nicht erkannt, als sie durch die Tür kamen." "Was wollen sie?" fragte er. "Dass ich mit ihm über Philosophie spreche, wie ich es mit dem Doktor tue? Würde er aber dann einen Teppich kaufen? Und wenn ich mit Dr. Stjernval spräche, so wie mit diesem Mann, würde er mir niemals folgen. Sie müssen verstehen, dass ich mit jedem so umgehe, wie es jeweils notwendig ist. Jetzt gerade will ich Teppiche verkaufen, also habe ich ein Teppichhändler zu sein und kein Philosoph."

Olga de Hartmann - Our Life with Mr. Gurdjieff S.144

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