Mittwoch, 21. Februar 2024

J.B. Priestley über Gurdjieffs Ideen


Das ausgeklügelte Denksystem zu Verhalten und psychologischer Entwicklung, dass Gurdjieff und sein führender Schüler Ouspensky lehrten, wurde von ihnen und ihren Schülern als die Arbeit bezeichnet. 

Es ist erstaunlich, wie wenig öffentliche Aufmerksamkeit der Arbeit gewidmet worden ist. Die britischen Gurdjieff Gruppen beeindruckten nicht so sehr durch die Zahl ihrer Mitglieder, denn durch ihre Qualität. Jede Vorstellung, dass diese Bewegung zum Wohle von Scharlatanen von reichen dummen Frauen finanziert wurde, kann sogleich verworfen werden. Das intellektuelle Niveau von Gurdjieffs und Ouspenskys ergebensten Schülern war enorm hoch.

In der Tat hat die Arbeit einen semi-orientalischen Hintergrund und stammte aus mysteriösen Quellen in Zentralasien, wo Gurdjieff angeblich Jahre auf der Suche nach esoterischen Wahrheiten, der geheimen esoterischen Weisheit, verbracht hatte.

Aber die Arbeit ist weit entfernt von den üblichen soften und sentimentalen Doktrinen des höheren Denkens, von Theosophie und dem Rest. Sie ist hart, anspruchsvoll, verbissen, unsentimental. Sie besteht darauf, dass Menschen unermüdliche Anstrengungen auf sich nehmen, um sich vom
Wach-Schlaf zu befreien.

Und während einige Aspekte der Arbeit auf mich so dubios wirken, wie Gurdjieffs Behauptung, er habe aus ungenannten abgelegenen zentralasiatischen Klöstern diese altertümliche Weisheit errettet, so enthüllt er einige oft erstaunlich originelle Einsichten und einiges der einfacheren Arbeit an sich selbst
bringt tatsächlich exzellente Resultate.

Ob nun Gurdjieff ein neuer Prophet war oder ein nahöstliches Original, zwei Drittel Genie, ein Drittel Scharlatan, er wusste sicherlich sehr viel mehr über unser allgemeines Menschsein, als die meisten von
uns es wissen.

 J.B. Priestley - Man and Time (1964)

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